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erhalten am 4. 9. 2011 von Herrn L.:
Hier zwei meiner Freiburger Notizen, zu beliebiger Weiterverwendung:
Notiz 20.01.2011
Ich sitze in der oberen Etage des „Aspekt“.
Plötzlich beginnen die Lautsprecher-Boxen in Basstönen zu dröhnen.
Vom Mittelton- und Hochtonbereich ist nichts zu hören. Der Lärm ist
schon schmerzhaft. Ich drehe mich zu der Studentin um, die mir am
nächsten sitzt: „Entschuldigung, ist das eine Überempfindlichkeit
meinerseits, oder empfinden Sie dieses Bassgewummer auch als
unangenehm?“ Sie habe der Kellnerin schon gesagt, dass die Musik zu
laut sei, antwortet sie. Ein junges Mädchen kommt die Treppe herauf
und hält sich beim Betreten des Raumes spontan die Ohren zu, bis sie
den Tisch ihrer Freunde erreicht hat. Später setzt sich ein Mann
mittleren Alters einen Tisch weiter und beginnt, an einem Computer zu
arbeiten. Nach einiger Zeit frage ich ihn, ob er die Musik auch als
unangenehm empfinde. „Ja“, sagt er, die Musik sei ein bisschen
laut.
Ich wundere mich über die Formulierung, die Musik sei laut,
denn der gesamte Mittel- und Hochtonbereich ist unhörbar. Zu hören
ist lediglich der Restschall, der aus dröhnenden, die Boxen
überfordernden Basstönen besteht. Restschall ist keine Musik.
Ich
mache Sina, die Kellnerin, darauf aufmerksam, dass die Basslautstärke
überdreht ist. „Ich höre nichts“, antwortet sie. Das glaube ich
gerne. Wer in dieser Atmosphäre 8 Stunden arbeitet, ist fast
zwangsläufig gehörtot.
Notiz
01.03.2011
Gegen 9.30 Uhr bin ich der erste Gast im "Légère".
Die Musik ist viel zu laut, wenn man davon ausgeht, dass sich in
einem Café Menschen treffen, um miteinander zu sprechen. Welche
Funktion hat dieser Lärm?
Seine Aufgabe ist klar: Es geht darum,
die Morgenstille auszulöschen. Stille ist unerträglich – nicht
für die Gäste, die sich miteinander unterhalten und darin den Zweck
ihres Aufenthaltes bereits weitgehend erreichen, aber für das
Personal, insbesondere studentisches Personal, das übernächtigt,
von der eigenen Lebensweise ständig überreizt, nervös, gestresst,
mit der eigenen inneren Unruhe konfrontiert ist. Diese gilt es zu
verdrängen, zu überspielen, immer wieder mit ohrenbetäubendem Lärm
regelrecht wegzuballern und wegzuwummern. Dieser Lärm leistet auf
der Geräuschebene, was Ego-Shooter-Spiele als Handlung vollziehen:
Den Adrenalin-Spiegel hochfahren, die beschwerliche und lästige
Konfrontation mit sich selbst nach außen wenden und
abreagieren.
Dass dieser Lärm Menschen, die eine Zeitung oder ein
Buch lesen wollen, regelrecht terrorisiert, spielt keine Rolle.
Freiburg ist eine krass anti-intellektuelle Stadt, die ihre Aufgabe
in der Betäubung des Verstandes und des Bewusstseins sieht.
(Schon die Bibel wusste etwas von der Psychologie des Lärms: Jeremias, Kap. 48, V. 36: „Darum dröhnt mein Herz über Moab wie die Pauke.“)
-- Ende der Notizen --
In einer gewissen Parallele zum Begriff der Gewaltmusik nenne ich das, was in Freiburger Kneipen zu hören ist, "aggressiven Lärm", "Kriegsgetöse", "Baustellengewummer". Was ich an einem Sonntag-Morgen im "Starbucks" zu hören bekomme, klingt etwa so, als ob jemand zweimal pro Sekunde mit einem Hammer in der Nachbarwohnung gegen die Wand schlägt.
Ich setze dieses Wummern in unmittelbare Nähe zur ursprünglichen Form der Gehirnwäsche, einer Foltermethode, bei der in regelmäßigen Abständen ein Wassertropfen auf eine kahlrasierte Stelle des Kopfes fällt und das Opfer in den Wahnsinn treibt. Es geht darum, das Bewusstsein, die Konzentration, die Selbstkontrolle wegzudröhnen und wegzuwummern.
In einer Anspielung auf Lenins "Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus" habe ich umformuliert in "das Delirium als höchstes Stadium des Kapitalismus". Denn im Delirium, in der Bewusstlosigkeit, im Verlust der Selbstkontrolle konsumieren die Menschen blindlings und rauschhaft. Das ist es, was Freiburg braucht, sucht und systematisch herbeizuführen bestrebt ist: Rauschhaften Konsum.
Schreiben von Frau G. an die Weltgesundheitsorganisation (3. 9. 2011):
Sehr geehrter Herr Dr. Rok Ho Kim, sehr geehrte Damen und Herren,
In
Freiburg in Breisgau gibt es zahlreiche Lärmbrennpunkte; bekannt sind
die Innenstadt, der Augustinerplatz, zunehmend der Stühlinger.
Stiefkinder der Lärmdebatte aber sind die preiswerten Wohngegenden.
Mit
Billigung bzw Wegschauen der Behörden und der Polizei findet eine
fatale Verlärmung preiswerter Wohngegenden statt, die m. E. einen
gesundheits- und sozialpolitischen Skandal abgeben..Aus meiner eigenen
Erfahrung betrifft das die Genossenschaft Bauverein Breisgau; ev. auch
andere preiswerte Wohngegenden.
Ich beziehe mich aktuell auf den
Stadtteil Haslach , den Bereich Staufener, Markgrafenstr.,
Matthias-Blanck-Str., Luckenbachweg, wo ich seit Dezember 2008 wohne.
Seit dieser Zeit erlebe ich hier fast täglich folgendes:
Nächtlich
und auch tagsüber Dröhnen und rhythmisches Wummern von Pumpanlagen,
Generatoren für die Wärme- oder Wasserversorgung (?).
Oft täglich,
über mehrere Stunden, auch nachts oft die ganze nacht über,sind
Trommeln, Bässe Schlagzeuge zu hören und, noch schlimmer, zu spüren.
Meine Parterre-Wohnung, oft auch der Außenbereich, vibrieren regelrecht
bzw. man hat das Gefühl, mit Stromstößen traktiert zu werden In
unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich vermutlich unterirdisch ein
Übungsraum für Musiker. All diese Geräusche werden wohl z. T. über die
Kanalisation übertragen bzw verstärkt.
Insgesamt herrschen
bautechnisch bedingt katastrophale akustische Zustände in Häusern und
Straßen, das gesamte Areal vibriert zeitweise; es herrschen dann über
Stunden folterähnliche Zustände. Vor allem im Sommer finden häufig laute
Parties in der näheren und weiteren Nachbarschaft statt, deren
Trommeln, Schlagzeuge, Bässe usw. man dann zu jeder Tages-und Nachtzeit
hört und weiträumig spürt. Ich selbst bin als Bewohnerin einer
Parterre-Wohnung besonders betroffen., oft fühlt es sich über Stunden
an, als erhielte man Stromstöße bzw. der Fußboden stünde unter Strom..
Mehrere
Parterrewohnungen in meinem Wohnblock stehen faktisch leer bzw werden
nur als Zweitwohnungen benutzt. Die Vermutung liegt nahe, dass der
Bauverein diese Wohnungen wegen der akustischen Verhältnisse als nicht
vermietbar betrachtet – angesichts dem Bedarf an preiswerten Wohnungen
in Freiburg skandalös.
Zusätzlich zu diesem Lärm oft dröhnender
Baulärm, Verkehrslärm, der vor allem durch die gern vor allem im Sommer
voll aufgedrehten Lautsprecheranlagen und weiträumig dröhnenden Bässe
unerträglich wird, mehrere Stunden lang wie auf einem Rummelplatz, im
Hochsommer oft auch nachts
Bei Polizei, Ordnungsamt und Bauverein
sagte man mir, ich sei die einzige Beschwerdeführerin; laut einigen
Nachbarn habe man sich aber zu Beginn dieses Lärms vor einigen Jahren
heftig beschwert, ohne eine Reaktion zu erhalten, und habe dann
resigniert.
In der Nachbarschaft befinden sich größere Seniorenwohnanlagen, die auch betroffen sein dürften.
Ähnliches
erlebte ich von Herbst 2007 bis Dezember 2008 in der Bauvereinssiedlung
Zähringen (Karlsruher Str.). Dort ist die Bevölkerungsstruktur ähnlich
wie in Haslach. Die Agentur "Endless Event" im Güterbahnhofsgelände
beschallte weiträumig das Wohnquartier, für mich und viele Nachbarn der
Grund zum Umzug.
Das Verhalten von Polizei, Ordnungsamt,
Hausverwaltung läuft auf Ignorieren von Beschwerden, Isolieren („Sie
sind die einzige“) Leugnen oder Einschüchtern der Beschwerdeführer
hinaus. Freiburgern wurde in den letzten Jahren mit Kostenpflichtigkeit
entsprechender Polizeieinsätze gedroht. Zweifel an den “Wahrnehmungen“
und der Zurechnungsfähigkeit der Lärmbeschwerer wurden diesen gegenüber
seitens der Polizei geäußert, teilweise in bedrohlichem Verhörston. Die
Vermutung liegt nahe, dass Polizei und Ämter Lärmbeschwerer systematisch
einschüchtern und mundtot machen wollen. Da in betroffenen Wohngegenden
überwiegend einkommensschwache, ältere und alte Leute wohnen, viele mit
eher geringer Bildung, die meisten wohl ohne die entsprechende
„bürokratische Kompetenz“ oder gar Bereitschaft zu rechtlichen
Schritten, gelingt dies auch. In wohlhabenderen Wohngegenden wurden
einige solcher Missstände durch Klagen sehr schnell abgestellt.
Ich
weiß nicht, ob und inwieweit in Freiburg auch andere Wohngegenden in
dieser Weise durch extreme Lärmbelästigung betroffen sind. Bekannt sind
die Verlärmung der Innenstadt, das weitschallende Dauertrommeln in
einigen Stadtvierteln (Vauban), und die extreme Lärmbelästigung an
verkehrsreichen Straßen, und zwar nicht so sehr durch den „normalen“
Verkehrslärm , sondern durch die teilweise extrem lauten
Lautsprecheranlagen, was von den Freiburger Behörden hochoffiziell
geduldet wird. Das ist auch in Wohngegenden ein Problem, vor allem im
Sommer und dann auch nachts dröhnende Lautsprecher. Wie oben
beschrieben, summiert sich all dies u. a. in meinem Wohnquartier in
Haslach zu folterähnlichen Zuständen.
In vielen Bereichen
Freiburgs, vor allem in Wohnquartieren herrscht also ein sozial- und
gesundheitspolitischer Notstand. Es wird seit Jahren fast rund um die
Uhr das Grundrecht auf körperlicher Unversehrtheit ignoriert, teilweise
in einem Ausmaß, das de facto Folter ist. Ich bitte Sie, das zur
Kenntnis zu nehmen und entsprechend auf die in Freiburg zuständigen
Entscheidungsträger einzuwirken. Allein schon eine gewisse
Öffentlichkeit für dieses Armutszeugnis einer sehr auf ihren Ruf und
eine entsprechende Außendarstellung bedachten Stadt könnte vielleicht
etwas bewirken.